Landsknechte von Neustadt an der Orla trommeln beim Kanonendonner

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Der Schlossgassen-Landsknechtszug ist am 10. September 2016 beim 3. Kanonendonner über dem Elbtal auf der Festung Königstein zu erleben. Der neue Neustädter Klangkörper sieht sich in der Tradition trommelnder Landsknechtszüge. Vor einem Jahr hatten sie in der Neustädter Schlossgasse zum Brunnenfest ihren ersten Auftritt.

Die Landsknechte von Neustadt an der Orla

Die Landsknechte von Neustadt an der Orla | Foto: Brit Wollschläger

 

Neustadt. Trommeln das ist auch Abschalten vom Alltag, das ist Mal-Draufhauen, das ist eine wunderschöne Freizeitbeschäftigung, ein gemeinsames Hobby mit Freunden. Und es ist ein besonders schönes Gefühl, wenn man merkt, dass es anderen Leuten auch gefällt, was wir spielen, sagt Marion Strempel, die wohl erfahrenste Trommlerin der Neustädter Schlossgassen-Landsknechte.

Vor einem Jahr zum Neustädter Brunnenfest hatten sie ihren ersten Auftritt in der Schlossgasse natürlich. Denn ihre Gründung hat die Musikgruppe Holger Knobloch zu verdanken, der sich nicht damit abfinden wollte, dass es in Neustadt nach der Auflösung des Fanfarenzuges keinen Klangkörper mehr geben sollte. Zunächst kaufte er die alten Instrumente des Fanfarenzuges und lagerte sie sicher ein. Nach und nach trommelte er ehemalige Mitglieder zusammen und bot an, beim Aufbau eines neuen Klangkörpers zu helfen. Tatsächlich trommelt er aber nicht selbst mit. Seine Talente liegen woanders, wie er seit einem Jahr auch als Neustädter Brunnenmeister beweist.

Holger rief eine nach der anderen an und einige sagten sofort ja, erzählt Sigrid Bergmann. Sie selbst habe dankbar zugesagt, weil sie ihr musikalisches Hobby so mag und es leidenschaftlich gern mit Gleichgesinnten betreibt. Holger Knobloch habe mit seinem Anruf quasi offene Türen eingerannt.

Sehr dankbar sind die Hobby-Musiker auch der Neustädter Feuerwehr, wo sie seit über einem Jahr proben können. Bei schlechtem Wetter können wir drinnen proben, bei gutem Wetter spielen wir draußen und machen unser Marschtraining, beschreibt Sigrid Bergmann. Früher mit dem Fanfarenzug sind wir ja auch von Turnhalle zu Turnhalle gezogen, erinnert sie sich. Einen dauerhaften Probenort zu finden, wo es auch mal laut werden kann, sei auch damals nicht einfach gewesen.

Die Schlossgassen-Landsknechte, das sind momentan 14 Trommlerinnen und Trommler im Alter zwischen sieben und sechzig Jahren. Weitere Mitstreiter aller Altersgruppen sind herzlich willkommen. Notenkenntnisse braucht man übrigens nicht. Die Landsknechte spielen alles aus dem Knopf und nach Takt. Manchmal kennt auch einfach jeder die Melodie wie zum Beispiel bei dem Titel We will rock you von Queen.

Und den Kaiser-Wilhelm-Marsch kenne ja praktisch auch fast jeder könnte man zumindest denken, wenn man bei den Auftritten die mitwippenden oder mitpfeifenden Gäste sieht. Der Kaiser Wilhelm ist ein Klassiker unter den deutschen Märschen. Sigrid Bergmann sagt dann nur kurz Kaiser und jeder Spielmann und jede Spielfrau weiß, welcher Marsch gemeint ist und was er oder sie zu trommeln hat.

Jede der Trommeln klingt übrigens anders und jedes Mitglied der Landsknechte spielt musikalisch eine eigene Rolle in diesem Trommel-Orchester. Es gibt Tommler und Rassler, erklärt Marion Strempel, die schon als achtjährige im Neustädter Fanfarenzug trommelte, später eine Fanfare spielte und viele Jahre die Stabführerin war. Mit den Trommlern und Rasslern gibt es immer die zwei Stimmen, erklärt sie. Die Trommeln sind in der Größe unterschiedlich und sind unterschiedlich bespannt. Es sind fast alles Instrumente aus dem Bestand des früheren Neustädter Fanfarenzuges der in Spitzenzeiten übrigens bis zu 120 Mitglieder hatte und sehr erfolgreich war.

Das neue Design der Trommeln mit den gelben Flammen auf schwarzem Grund hat Holger Knobloch dem Vorbild von Trommeln ähnlicher Klangkörper nachempfunden. Die Uniformen der Truppe nach historischem Vorbild der Landsknechte und einer Anregung aus dem Partnerkeis Neuburg-Schribenhausen sind schwarz-weiß, da sollten sich die Trommeln in schwarz-gelb bewusst abheben, erklärt Knobloch. Eine kleinere Trommel ist sogar rot-weiß. Die spielt der jüngste im Bunde, der siebenjährige Sven Luka Schindler, dessen Papa Ivo, dessen Namen alle ohne das o aussprechen, ebenfalls Mitglied und sehr stolz auf seinen talentierten Sohn ist. So ist der jüngste Trommler also ein Schüler. Alle anderen stehen mitten im Berufsleben, unter anderem als Altenpflegerinnen, als Frisöse, als Mitarbeiter in hiesigen Industrie- oder Fahrzeugbaubetrieben, ein Polizeibeamter ist auch dabei.

Musikalisch gibt Sigrid Bergmann, sie war bereits als Jugendliche Mitglied im Fanfarenzug Triptis und später in Neustadt, in der Truppe den Ton an, aber alle Entscheidungen über Auftritte wie beispielsweise als musikalischer Präsentkorb zu Geburtstagen und alles Drum und Dran trifft die Truppe gemeinsam. So waren sich alle einig über die Auftritte zum Brunnenfest am 18. und 19. Juni in der Schlossgasse und über den spannenden Ausflug im September zum Kanonendonner über dem Elbtal auf der Festung Königstein. Dort treffen sie auf mehrere weitere historische Landsknechtszüge und zahlreiche Kanoniere, Leibgarden und Kompanien, die die Artillerie des 14. bis 19. Jahrhunderts aus Europa und Amerika darstellen.

Text: Brit Wollschläger