Die Ausleihe der Canaletto-Gemälde: ein Krimi

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Die Ausleihe der Highlights für unsere diesjährige Sonderausstellung war für uns eine besondere Herausforderung. Zwei Innenansichten der Festung Königstein von Canaletto sollten aus England herbei geschafft werden. Vom Leihersuchen bis zur endgültigen Zusage entspann sich für uns ein wahrer Krimi!

Papierkrieg

Zunächst füllten wir einen 25-seitigen Fragebogen aus. Im schönsten Fachchinesisch, und das auch noch auf Englisch, mussten wir hier alle unseren musealen und technischen Gegebenheiten angeben. Anhand dieses Berichts prüften die Leihgeber, die Manchester City Galleries, ob die Ausleihe der beiden Ölgemälde an unser Museum in Ordnung geht. Nach Wochen der Unsicherheit freuten wir uns sehr, dass von dieser Seite einer Leihzusage nichts mehr im Wege stand.

Transportprobe

Doch der Teufel lauert bekanntlich immer im Detail. Die Gemälde im Königsformat sind mit 1,32 x 2,36 Metern riesig und deswegen natürlich für die zukünftigen Besucher der Ausstellung besonders beeindruckend. Die Klimakisten, welche die Bilder während ihrer langen Reise von Manchester bis auf den Königstein schützen, sind noch einmal wesentlich größer…

Die Magdalenenburg jedoch, also das Ausstellungsgebäude, in dem die Kunstwerke bald zu bewundern sind, wurde in seiner ursprünglichen Funktion nicht als Gemäldegalerie erbaut. Seit dem frühen 19. Jahrhundert diente sie als Proviantmagazin. Fenster und Türen sind sehr klein, damit die drinnen aufbewahrten Lebensmittel vor Licht und Wärme geschützt waren.

Heutige Ansicht der Magdalenenburg

Alle Zugänge zur Magdalenenburg sind möglichst klein gehalten.

Um ganz sicher zu sein, wie groß eine Kiste sein darf, die durch die Tür, das Treppenhaus und um alle Ecken passt, stellten wir eine große Probekiste her und „übten“ für das große Ereignis, die Anlieferung der Gemälde.

Mitarbeiter mit Holzrahmen vor der Tür der Magdalenenburg

Der Holzrahmen ist so groß wie die spätere Transportkiste.

Mitarbeiter tragen den Holzrahmen die Treppe hoch

Das erste Nadelöhr für die Kiste: das Treppenhaus

Mitarbeiter mit dem Holzrahmen vor der vorletzten Tür

Endlich geschafft! Im 2. OG angekommen, sind nur noch 2 Türen zu meistern.

Holzrahmen wird durchs Treppenhaus gereicht.

Nach dem Auspacken muss die Kiste natürlich das Gebäude wieder verlassen.

Es folgten langwierige Verhandlungen und Schriftwechsel wegen der Versicherung für den Kunsttransport, die schließlich auch erfolgreich abgeschlossen wurden. Nach nunmehr neun Monaten kam dann Ende Januar die finale Zusage und am 21. Februar 2014 flatterte endlich der beiderseits unterschriebene Leihvertrag ins Haus.

Zwischenzeitlich hatten wir seit letztem Sommer ein umfangreiches Marketingkonzept entwickelt. Dabei blieb immer ungewiss, ob wir bei der Werbung für die Ausstellung auf die zwei stärksten Zugpferde setzen können. Der Ausstellungstitel und die gesamte Kommunikation wurden also erstmal so ausgerichtet, als ob die Gemälde aus Manchester nicht kommen würden. Parallel dazu wurden aber hausintern alle Vorkehrungen getroffen, um sie würdig zu empfangen – ein Drahtseilakt!

Zum Glück heißt es jetzt nur noch: Abwarten! Nächste Woche sollen die Kunstwerke aus Manchester bei uns eintreffen.

Weshalb kommen die Canalettos aus England?

Der Italiener Bernardo Bellotto (1721-1780), genannt Canaletto, ist ohne Zweifel der berühmteste Künstler, dessen Werke wir in der Ausstellung präsentieren werden. Kurfürst Friedrich August II., hatte ihm 1756 den Auftrag erteilt, die Festung im Format 132 x 236 Zentimeter zu malen. Bis 1758 entstanden insgesamt fünf Gemälde. Drei davon zeigen Außenansichten der Wehranlage. Zwei andere geben ein anschauliches Bild von der Gebäudesituation auf dem Festungsplateau:

Mit dem Ausbruch des Siebenjährigen Krieges im August 1756 wurde Dresden von preußischen Truppen besetzt. Der Auftraggeber Friedrich August II. reiste Ende Oktober ins Exil nach Warschau. Canaletto befürchtete wohl, dass seine Auftragswerke nicht mehr bezahlt werden würden. So verkaufte er sie kurzerhand an einen Kunsthändler. Schließlich gelangten alle fünf Gemälde in den privaten Besitz englischer Adelsfamilien.

Die Außenansicht der „Festung Königstein von Westen mit dem Lilienstein“ wurde im Dezember 1991 bei einer Versteigerung in London von der National Gallery of Art in Washington erworben. Wir hatten uns auch hier um eine Ausleihe bemüht, aber das Gemälde hängt derzeit in der dortigen Dauerausstellung und ist deswegen nicht verleihbar. Allerdings fertigte Canaletto sehr wahrscheinlich nach diesem Vorbild einige Jahre später die folgende Radierung, die wir bereits Mitte der neunziger Jahre im Kunsthandel erwerben konnten.

Ansicht der Festung Königstein von Westen (um 1765)

Canalettos erstmalig in Deutschland

Es ist ein großes Glück, dass wir gerade die zwei Canaletto-Ansichten im Königsformat in der Sonderausstellung präsentieren können. Sie vermitteln ein sehr lebendiges und realistisches Bild der Festung Königstein in jener Zeit. Außerdem sind diese Gemälde seit ihrem Verkauf nie wieder an den Ort ihrer Entstehung zurückgekehrt.

Am 11. April 2014 öffnen wir die Sonderausstellung „Die Schönste im ganzen Land! Die Festung Königstein im Spiegel der Kunst“. Neben den beiden Gemälden von Canaletto, die noch nie hier ausgestellt waren, zeigen etwa 100 weitere Kunstwerke die Schönheit der Festung Königstein.

Einen Einblick in die Aufbauarbeiten gibt es hier.