99 Prozent aller Ängste sind unbegründet!

Kommentare deaktiviert für 99 Prozent aller Ängste sind unbegründet!

Der 9. Dezember 2015 ist ein grauer verregneter Dezembertag, an dem man eigentlich lieber gemütlich in der warmen Stube bleibt. Aber geplant ist geplant: Für heute hat sich die Offiziersschule des Heeres für eine Abseilübung auf der Festung Königstein angekündigt – selbst wenn es schüttet wie aus Kübeln – es wird durchgezogen! Bei schönem Wetter kann sich doch jeder abseilen…

 

Die Übungen auf der Festung sind schon Tradition: Insgesamt acht Mal waren bereits Offiziere bzw. Offiziersanwärter im Rahmen ihrer Ausbildung zum Abseilen hier. Die heutigen Teilnehmer, 44 junge Männer und Frauen haben ihr Studium bereits abgeschlossen und befinden sich momentan an der Offiziersschule des Heeres im vorletzten Ausbildungsabschnitt vor ihrem Einsatz in der Truppe.

Der Lehrgang unter dem Thema „Menschenführung unter Belastung“ soll für Führungsaufgaben qualifizieren, wobei heute vor allem die Selbstüberwindung trainiert werden soll. Zur Unterstützung der Dresdner Kameraden sind extra Kletterprofis des Gebirgsjägerbataillons aus Mittenwald angereist, die die Ausrüstung und das Know-how mitbringen.

Abseilausrüstung für die Teilnehmer

Helme und Gurte liegen bereit

Die Offiziere wurden früh am Morgen in Stadt Wehlen abgesetzt und sind über die Rauensteine in Richtung Festung marschiert, wo sie gegen 9:30 Uhr eintreffen. Dort haben die Gebirgsjäger inzwischen alles vorbereitet: Neben dem Wachturm gegenüber dem Friedenslazarett sind zahlreiche Seile fest am Geländer verzurrt sowie Helme und Gurte bereit gelegt.

Die Teilnehmer legen Brust– und Sitzgurte an und werden in die Technik des Abseilens mit Hilfe eines Abseilachters eingewiesen. Die allermeisten unter ihnen haben keine

Einweisung in die Funktion des Abseilachters

Einweisung in die Funktion des Abseilachters

Kletter-Erfahrung. Der Hauptfeldwebel der Gebirgsjäger betont, dass es nicht um Schnelligkeit geht und niemand mit drei Sprüngen unten sein muss. Durch die enorme Reibung bei zu schnellem Abseilen werden die Seile sehr heiß, können regelrecht „verbrennen“ und sind dann unbrauchbar.

Einer der Gebirgsjäger geht voraus und demonstriert, wie man sich sichert, während man über die Brüstung klettert. Der Ausbilder rät: „Stellt die Füße schulterbreit auseinander an die Wand und steht ungefähr im 80° Winkel zur Festungsmauer – sonst verliert ihr den Halt und rastet mit dem Gesicht in der Wand ein“.

Sicherung von unten

Sicherung von unten

Um zu zeigen, dass das um den Abseilachter geschlungene Seil wirklich das Gewicht hält, ruft der Hauptfeldwebel dem Kameraden am Fuß der Festung zu: „Seil richtig auf Spannung bringen!“
Dann an den sich gerade abseilenden Gebirgsjäger: “Jetzt beide Hände vom Seil wegnehmen“ – und siehe da: Es hält! Sobald es von unten „Seil frei!“ schallt, kommen die ersten Offiziersanwärter an die Reihe. Ein bisschen mulmig ist den meisten schon zumute, als sie an einem Querseil gesichert über die Brüstung steigen. Vorher werden zwei Seile so um den Abseilachter geschlungen, dass er seine Bremsaufgabe erfüllt, sobald das Körpergewicht nach unten zieht. Das Seil kann nur weiter rutschen, indem der Abseilende vom unteren Seilende ein Stückchen nachgibt.

Sobald die Offiziere Vertrauen gefasst haben, ist alles nur noch halb so wild. Stück für Stück geht einer nach dem anderen an der Wand nach unten. Als sie unten ankommen, sagen die meisten: „Am liebsten würde ich nochmal….“. Aber es sollen ja alle Kameraden an die Reihe kommen und bis zum Mittag soll die Übung beendet sein. Wer sich abgeseilt hat, darf sich bei einem heißen Umtrunk in der Gastwirtschaft ein bisschen aufwärmen, bis der Marsch dann zur Mittagszeit weiter geht … zur Bastei.

Auch wenn es nicht gerade ein Tag war, um die Aussicht von der Festung zu genießen, haben die Offiziersanwärter doch eine wichtige Lektion gelernt: „99 Prozent aller Ängste sind unbegründet!“