Böllerprüfung – der Beschuss einer Originalkanone

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UPDATE: Am 25. August 2023, am Vortag des großen militärhistorischen Spektakels „Kanonendonner über dem Elbtal“  wurde die Kanone auf den Namen DIE STARKE AUGUSTE getauft.
In einer Abstimmung über die Social Media Kanäle der Festung Königstein hatten die meisten Besucher für diesen Namen gevotet.

Ende April fand erstmals der Beschuss einer dreihundert Jahre alten Kanone statt. Der Vorderlader ist die bisher größte und schwerste originale Kanone, die vom Beschussamt Suhl beschossen wurde. Seitdem hat das Museum Festung Königstein eine eigene voll schussfähige Kanone.

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Unser 14-jähriger Schülerpraktikant Juri war dabei und sehr begeistert. Er hat den folgenden Beitrag verfasst:

Der alljährliche „Kanonendonner“ ist eine der beliebtesten Veranstaltungen der Festung Königstein. Der Unterschied zum jüngsten Geschehen? Geschossen wird mit nachgebauten kleinen Geschützen. Der historische 24-Pfünder ist dagegen ein wahres Schwergewicht. Allein das Rohr wiegt (ohne Lafette) etwa 3,5 Tonnen. Um eine 24 Pfund schwere Kugel abzuschießen, verwendete man früher 8 Pfund (3,6 kg) Schwarzpulver. Beim jüngsten Beschuss lud man lediglich 1,3 Pfund (0,6 kg) Schwarzpulver in das Rohr, da selbstverständlich ohne Projektil geschossen wurde. Doch auch so knallte es mächtig. Die Schallwelle war sogar in größerem Abstand deutlich zu spüren. Ganze fünf Schüsse ertönten. Zwischen jedem reinigten Vereinsmitglieder der Schützengesellschaft Friedersdorf das gute Stück sorgfältig. Erst dann wurde nachgeladen. Im Ergebnis des Tests erhielt das Kanonenrohr eine Art TÜV-Plakette – einen Stempel mit dem Datum des Beschusses, ausgestellt vom Suhler Beschussamt.

Ein Kanonenrohr namens „M“

Das Kanonenrohr wurde 1712 von Michael Wittwerck in Danzig gegossen. Auf dem Rohr sind aber keinerlei Anzeichen, Verzierungen oder sonstige Hinweise auf das Jahr zu finden. Nur ein großes M ziert das Rohr. Für Experten ein Hinweis auf die sogenannte Buchstabenserie, die 21 Rohre umfasste und im Auftrag des sächsischen Kurfürsten Augusts des Starken, der gleichzeitig als August II. König in Polen war, gegossen wurde.

Einmal Leningrad und wieder zurück

Mitte des 19. Jahrhunderts entwickelte sich die Waffentechnik rasant. Die alten Bronzerohre, die zwar schön anzusehen, aber durch ihr Gewicht und den aufwendigen Lademechanismus veraltet waren, wurden nicht mehr benötigt. Für die Bronze hatte man andere Verwendung. Die meisten Rohre wurden eingeschmolzen. Nur wenige überlebten als Relikte einer vergangenen Zeit. Das Königsteiner Rohr landete im Dresdner Zeughaus. Dort war es zusammen mit älteren Exemplaren ausgestellt. Die Kanone überstand die Bombardierung Dresdens und gelangte nach dem 2. Weltkrieg nach Leningrad. 1959 kam die Kanone im Zuge einer großangelegten Rückgabeaktion auf die Festung Königstein. Seit Kurzem liegt das Rohr auf einer neugebauten Lafette (die originalen Holzgestelle gibt es nicht mehr) und ziert als eine von fünf Kanonen die Georgenbastion.

Offizielle Zulassung für Böllerschüsse

Dank der Beharrlichkeit der Friedersdorfer Schützen, welche die Festung schon oft mit ihrer nachgebauten Kanone unterstützten und  gern einmal eine Originalkanone zünden wollten, ist die Kanone nun offiziell für öffentliche Böllerschüsse zugelassen. Es sind sogar schon Vorführungen für dieses Jahr geplant.

Der Vorderlader ist die bisher größte und schwerste originale Kanone, die vom Beschussamt Suhl beschossen wurde. Trotz ihrer 300 Jahre ist die „alte Dame“ noch voll schussfähig und erstaunte damit selbst den Leiter und den Beschussmeister des Amtes.

Fazit von Juri: „Ich fand die Schüsse sehr beeindruckend und war doch leicht angespannt, ob der geplante Beschuss funktioniert. Das alte Rohr hat sich gut gehalten und bewiesen: Qualität rostet nicht.“

Wir danken Juri ganz herzlich für sein großes Engagement während seines Praktikums und den dabei entstandenen sehr informativen Beitrag.