Ein typografischer Garten auf dem Exerzierplatz – gesellschaftspolitische Rasenkunst von Ralf Witthaus

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Am ersten Juliwochenende (3./4. Juli 2021) summten auf dem Exerzierplatz der Festung Königstein gleich mehrere Motorsensen – und zwar im Zeichen der Kunst.

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Der Landschaftskünstler Ralf Witthaus gestaltete gemeinsam mit zahlreichen Helfern einen „Typografischen Garten“. Er fräste dafür die Worte „Die Gedanken sind frei!“ in den Rasen – allerdings nicht die Buchstaben, sondern die von ihnen umschlossenen Leerräume.

Besucher, die direkt vor dem Kunstwerk stehen, brauchen einige Zeit, die Aussage zu entschlüsseln – eine Botschaft, die zum Nachdenken über Meinungsfreiheit einlädt. Die Rasenkunst wird so lange zu sehen sein, bis Gras darüber gewachsen ist, mindestens eine Woche lang.

Schriftzug "Die Gedanken sind frei" auf der Rasenfläche des Exerzierplatzes

Schriftzug „Die Gedanken sind frei“ auf der Rasenfläche des Exerzierplatzes | Foto: Andreas Engel

„Mit der Aktion möchten wir einen Denkanstoß geben. Was bedeutet Meinungsfreiheit heute? Das ist ein wichtiges und aktuelles Thema. Meinungsfreiheit ist ein Merkmal der Demokratie, für das Menschen hierzulande Jahrhunderte lang gekämpft haben“, erklärt Angelika Taube, Geschäftsführerin der Festung Königstein gGmbH.

Die Georgenburg war ehemals Staatsgefängnis

Die Aktion von Ralf Witthaus berührt dieses Thema – durch ihre Aussage und ihren Ort. Er wählte für das Projekt die Festung Königstein wegen ihrer Vergangenheit als Staatsgefängnis aus. Eines der Gefängnisgebäude, die Georgenburg, befindet sich in Sichtnähe zum Kunstwerk. Einst saßen hier Menschen aufgrund unerwünschter Meinungsäußerungen ein – darunter der Politiker August Bebel oder die Künstler Frank Wedekind und Thomas Theodor Heine. Die Ausstellung in der Georgenburg „Gefangen auf dem Königstein“ beleuchtet dieses dunkle Kapitel der Festungsgeschichte näher.

Luftaufnahme der Westbebauung der Festung Königstein

Die Georgenburg (Gebäudeteil in der Bildmitte) war lange Zeit Staatsgefängnis | Foto: Andreas Engel

Neue Führung zum Thema „Gefangenschaft auf dem Königstein“

Begleitend zur Rasenkunstaktion gastierte der Sächsische Bergsteigergchor auf der Festung und sang das bekannte Volkslied „Die Gedanken sind frei“, das August Heinrich Hoffmann von Fallersleben im Jahr 1842 erstmals veröffentlichte. Zudem konnten Besucher am thematischen Rundgang »Die Staatsgefangenen auf der Festung Königstein« teilnehmen. Demnächst werden auf der Festung Königstein regelmäßig Führungen zu diesem Thema stattfinden.

Informationen zum Künstler

Ralf Witthaus wurde als Kunststudent 1998 mit „Die Liegende von Werl“ bekannt. Zu seinen berühmtesten Rasenkunstwerken zählen die „Bundesrasenschau“ in Köln (2010), „Das Bohrloch nach Neuseeland“ (2012) und die „Zeichnung einer 600 Meter langen Perlenkette in den italienischen Alpen“ (2017). Seit 2019 ist er Dozent an der Universität Erfurt.

Landschaftskünstler Ralf Witthaus

Landschaftskünstler Ralf Witthaus mit dem Papier-Entwurf des Rasenkunstwerks | Foto: Marko Förster

Landschaftskünstler Ralf Witthaus und sein Team auf dem Exerzierplatz der Festung Königstein

Landschaftskünstler Ralf Witthaus und seine Helfer auf dem Exerzierplatz. | Foto: Marko Förster

180 Ideen für Sachsen – ein Projekt der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden (SKD)

Das Kunstprojekt auf der Festung Königstein ist das letzte von fünf Landschaftskunstwerken, die der Kölner im Rahmen der „180 Ideen für Sachsen“, einem Outreach-Projekt der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden (SKD), gefördert von der Kulturstiftung des Bundes, im Freistaat umgesetzt hat. Weitere „Typografische Gärten“ realisierte Ralf Witthaus im vergangenen Jahr in Torgau, Zwickau, Löbnitz und Delitzsch.

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