Festung 3D

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Am 1. und 2. Oktober wurde die Festung Königstein für Studenten des Masterstudiengangs „Digitale Medien“ an dphotogrammetrie_test_3d-modeller Fachhochschule Brandenburg zum Studienobjekt. Im Rahmen eines Studienprojektes zum Thema moderne digitale Bewegtbildproduktion sollen die Studenten ein 3D-Modell der Festung erarbeiten und dabei den Umgang mit der Technik und den Technologien rund um Stereo3D, Laserscanning, Cameratracking und Photogrammetrie kennenlernen. Dipl.-Informatiker (FH) / M.Sc. Patrick Ingwer, wissenschaftlicher Mitarbeiter im Fachbereich Informatik und Medien, beantwortete gern unsere neugierigen Fragen.

Warum wurde gerade die Festung Königstein für dieses Projekt ausgewählt?
Zum einen bietet Königstein wahnsinnig schöne Motive – der Masterstudiengang „Digitale Medien“ ist bei uns neben hauptsächlicher technischer Prägung aus der Informatik auch künstlerisch orientiert. Zum anderen sind auf der Festung was z.B. Stereo3D betrifft, alle notwendigen Extrema vorhanden. Nahe Elemente wie Kanonen, Gemäuer, Gesteinsformationen bis hin zu großer Weite – die Sächsische Schweiz selbst.
Jedes Motiv erfordert unterschiedliche Parameter zur Stereo3D-Aufnahme, die ständig neu ermittelt, korrigiert und angepasst werden müssen. Grenzen wie „nahestes Objekt und entferntestes Objekt“ müssen zwingend eingehalten werden und unterscheiden sich ständig von Motiv zu Motiv.
Es sind völlig neue Herangehensweisen in der Produktion – als auch in der Postproduktion notwendig, verglichen zur herkömmlichen Bewegtbildproduktion. Ein prominentes Beispiel einer massentauglichen Stereo3D-Produktionen ist z.B. „Avatar – Aufbruch nach Pandora“ von James Cameron. Des Weiteren bietet die Festung Königstein eine Fülle hervorragender Objekte für beispielhafte 3DObjekte ermittelt über Laserscanning als auch Photogrammetrie (Einzelbild-Verrechnung).

Wurde so eine Aktion bereits für andere Burgen oder Festungen durchgeführt?
Nein. Mit Studierenden waren wir bislang nur bei ihnen. Wir Kollegen untereinander – also ich, Herr Prof. Hasche und Herr Prof Creutzburg – waren letztes Jahr schon bei ihnen, um Material zur Lehre zu generieren. Wie werden die Aufnahmen nachbearbeitet?

Was wird mit den fertigen 3D Modellen gemacht?
Es sind ja unterschiedlichste Aufnahmen. Einmal Stereo3D mit zwei identischen digitalen Film-Kameras (RED Scarlet-X) und einkanone_einszueins_laserscanem Stereo3D-Rig, dann aber auch noch Laserscanning (FARO 3D X330 Lidar-Scanner) für punktwolken-gestütztes Cameratracking, als auch zur Ermittlung von 3D-Modellen. Es sind unterschiedliche Anwendungsgebiete, die jedoch in der modernen digitalen Bewegtbildproduktion angewandt werden.
Die Copterflüge – aus den Aufnahmen mit bestimmten Flugmustern und dessen Perspektiven zu einem Objekt (in diesem Fall die gesamte Festung Königstein, oder zumindest Teile davon) sollen die Studierenden über komplizierte mathematische Algorithmen ein 3D-Modell generieren. Auch diese Technologie ist mittlerweile in der modernen Filmproduktion notwendig und gebräuchlich. Dies ist eine Möglichkeit, etwas grob, aber dafür vergleichsweise schnell. Die andere Möglichkeit wäre der Weg über den Laserscanner – dann bräuchten wir jedoch mindestens eine Woche um das Meiste der Festung Königstein eingelesen zu haben – dafür jedoch äusserst genau (im Millimeter-Bereich). Wozu das Ganze? Zum Beispiel – und das soll hier frei von jeder Wertung sein – könnte die Festung Königstein virtuell in das Mittelalter versetzt werden und wird gerade von den Böhmen angegriffen und Teile der Festung werden zerstört. Es ist ohne Frage, dass eine Zerstörung oder nur Teile der Festung Königstein zu Filmzwecken völlig ausgeschlossen ist. Somit wird die gesamte Prodwappenuktion in eine physikalisch plausible und auch photorealistische virtuelle Welt verlagert.

Ein aktuelles Beispiel dazu ist die deutsche Film-Produktion „Hotel Adlon“. Dazu hatte eines der weltweit führenden VFX-Häuser RiseFX aus Berlin das Brandenburger Tor mit 128!! Einzelscans mit einem Laserscanner eingelesen – ein Modell generiert – und wieder virtuell zerstört, um das Jahr 1944/45 realitätsnah darzustellen. Die Stereo3D-Aufnahmen werden mit der Compositing-Umgebung „Nuke“ von The Foundry pixelgenau nachbearbeitet und aufbereitet. Dies ist eine in der Industrie gebräuchliche Compositing-Umgebung auf äusserst hohem Niveau. https://www.thefoundry.co.uk/products/nuke/

Die Ergebnisse und Aufnahmen von Festung Königstein sind nur zur Lehre gedacht. Gerne übernehmen wir aber auch Auftragsproduktionen. Interessierte sollten sich an mich oder Herrn Prof. Hasche – FH Brandenburg / Fachbereich Informatik und Medien – wenden. http://informatik.fh-brandenburg.de

Wie werden diese dann für die Lehre eingesetzt?
Die Studierenden haben die Aufgabe zwei Einstellungen in einem perfekten Stereo3D für mittelgroße TV-Geräte abzugeben. Die Bild-Qualität als auch der Stereo3D-Eindruck entspricht dem einer gängigen Kino-Produktion. Weiterhin sollen sie von der gesamten Festung oder nur Teile davon ein 3D-Modell erstellen.

Wie haben die Besucher reagiert? Gab es viele Fragen, was ihr das macht?
Ja, es gab viele Fragen … und häufig. Es ist ja schon offensichtlich, dass es keine „normalen“ Tätigkeiten sind. Somit wird jedem Besucher von neuem erklärt, was wir da machen und wir werden vom eigentlichen Vorhaben abgelenkt. Wir sind darauf aber schon vorbereitet, indem wir einfach mehr Zeit einplanen. Fragen beantworten wir dann auch gerne. Es ist jedoch sehr schwierig, äußerst komplexe technische Vorgänge in einer einfachen und für Laien verständlichen Sprache zu erklären. Aber das ging schon ;-) Und außerdem sind die Gäste der Festung und auch die Mitarbeiter sehr nett. An dieser Stelle noch einmal einen herzlichen Dank an sie und ihrem Team für ihre Unterstützung!

Wie können sich interessierte Leser tiefgründiger über dieses Thema informieren?
Es sind allesamt recht komplexe Teilgebiete der modernen digitalen Bewegtbildproduktion. Es gibt auch kaum Literatur dazu – deutschsprachig schon fast gar nicht. Anfang kommendes Jahr wird jedoch ein Lehr- und Fachbuch dazu im deutschen Buchhandel erscheinen. „Digitale Bewegtbildproduktion – Techniken und Technologien in Film und Fernsehen“ (Verlag: Springer Vieweg, Autoren: Eberhard Hasche und Patrick Ingwer)