Sonderausstellung über „die Facetten des Festungsgrüns“ eröffnet

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Am Nachmittag des 29. April 2022 wird die diesjährige Sonderausstellung „Von Möhrenbeet bis Festungswald“ mit einer Feierstunde für geladene Gäste eröffnet. Ab 16 Uhr steht die Ausstellung in der Magdalenenburg (2.OG) für alle Besucher offen.

Vom 30. April bis 31. Oktober 2022 widmet sich die Festung erstmals mit einer Ausstellung der gärtnerischen sowie forst- und landwirtschaftlichen Nutzung der Freiflächen, aber auch der unter militärischen Gesichtspunkten erfolgten Begrünung.

Gartenhistorikerin Dr. Stefanie Krihning auf Spurensuche

Kuratorin Dr. Stefanie Krihning (l.) und Festungschefin Dr. Angelika Taube bei einem ersten Rundgang durch die Ausstellung. Foto: Marko Förster

Ein ganzes Jahr lang hat sich die Dresdner Gartenhistorikerin Dr. Stefanie Krihning erstmals überhaupt mit diesem Thema befasst. Sie forschte auf der Festung, im Hauptstaatsarchiv Dresden oder im Landesamt für Denkmalpflege. Die Landschaftsarchitektin, die über den Großen Garten in Dresden promovierte, wertete eine Unmenge von Plänen, Dokumenten, Fotos, Grafiken, und Gemälden aus, darunter Canalettos fünf Veduten vom Königstein. Sie erarbeitete im Auftrag des Staatsbetriebes Sächsisches Immobilien- und Baumanagement eine denkmalpflegerische Zielstellung der Außenanlagen und fand Erstaunliches und mitunter Skurriles heraus.

Anekdotenreich kann sie von Zier- und Gemüsegärten erzählen, von Ziegen, Hühnern und Bienen, von Blumendiebstählen, von Festungsgärtnern oder sächsischen Königen gewidmeten Plätzen. Auch dem Festungswald und dem Friedhof hat sie sich ausführlich gewidmet. Manche bisher als Wildwuchs eingeordneten Bäume und Sträucher entpuppten sich zudem als natürliche Tarnung von Geschützen oder Festungswällen. „Das ist wie eine zweite Doktorarbeit“, zollt Festungschefin Dr. Angelika Taube den Forschungen der Gartenhistorikerin großen Respekt. Daraus ist eine ganz besondere Ausstellung geworden, die auf unterhaltsame Weise die verschiedenen Facetten des Festungsgrüns der Aufmerksamkeit des Publikums empfiehlt. Auf dem Plateau verteilen sich zahlreiche Hinweise auf Plätze die den Festungsbewohnern abseits des Alltagstrubels als Rückzugsort dienten und auch, wo sie einst außerhalb der Mauern zur letzten Ruhe gebettet wurden. Im aufwendig von Hans Dieter Schaal gestalteten großen Schauraum in der Magdalenenburg können Besucher tief in die grüne Geschichte der Festung eintauchen.

Historische Gartenwerkzeuge

Neben Texten, Bildern und Dokumenten sind historische Gartenwerkzeuge aus der Sammlung des Dresdner Künstlers Einhart Grotegut zu besichtigen, die zum Teil extra für die Sonderausstellung restauriert wurden. Darunter befinden sich heute eher unbekannte Geräte wie ein Wurzelzieher, der vermutlich auch auf dem Königstein zum Einsatz kam. Die Funktionsweise des seltenen Objekts lässt sich in einer filmischen Dokumentation verfolgen.

Selbstversorgung mit Soldatengärten

Die Selbstversorgung war auf der Festung von jeher wichtig. Erste Soldatengärten, weiß Stefanie Krihning, sind um 1700 an der Alten Kaserne nachgewiesen. Bis zum Siebenjährigen Krieg (1756 – 1763) wuchs die Zahl der Festungsbewohner auf etwa 1500. „Die Menschen bewirtschafteten selbst jede noch so ungeeignet erscheinende Fläche“, sagt Stefanie Krihning. „Sie terrassierten sogar die felsigen Löcher bei den Kasematten.“

Ein Weinberg auf dem Königstein

Zobels Eck und Weinberg, L. L. v. Schirnding und C. W. Arldt, Lithografie, 1847, Festung Königstein gGmbH | Foto: Bernd Walther

Eisenbahn und Dampfschiff verbesserten zwar die Versorgung, dennoch lohnte sich der Eigenanbau, der auch eine gewisse Abwechslung vom militärischen Alltag bot. Der Kommandant unterhielt sogar einen heute verschwundenen Weinberg. 1870/71 schütteten hauptsächlich französische Kriegsgefangene auf Festungsflächen Erde für den Fall einer Belagerung an. Die Bewohner nannten die so entstandenen neuen Gärten wegen der Erbauer „Jardingärten“, also „Gartengärten“, jardin ist der französische Begriff für Garten. Nach 1945 lagen die meisten Flächen brach. Heute nutzen noch die Bewohner der Kaserne B ihre Gärten, den Nutzgarten am Schatzhaus betreibt die Festung selbst.

Ackerbau im Festungsrayon

Ackerbau indes war auf dem felsigen Untergrund des Königsteins unmöglich, die Versorgung mit Feldfrüchten aber war überlebenswichtig, wie etwa die Hungerjahre 1771/72 zeigten. Festungskommandant Reichsgraf Friedrich Christoph zu Solms und Tecklenburg ließ deshalb ab 1778 Ödland im sogenannten Rayon erschließen, das ist das im Kriegsfall freizuhaltende Schussfeld. Felsige Flächen dienten als Weideland, zwei Teiche der Wasserversorgung, und Waldflächen lieferten Brenn- und Bauholz. Graf zu Solms ließ zudem Wege auch auf der Festung mit Obstbäumen bepflanzen.

Ziergärten- und Lustgärten

Neben den Nutzgärten dienten Zier- und Lustgärten mit Lauben, Gewächshäusern und allerlei hübschen Vögeln wie Pfauen bereits ab 1700 der Unterhaltung hoher Gäste. Sie waren zudem ein Statussymbol für die Besitzer. Noch heute wird der Kommandantengarten als Ziergarten gepflegt – zur Freude der Besucher, die sich erst seit 1955, als die Festung zum Museum wurde, frei in den Außenanlagen bewegen dürfen. Bis dahin blieben einstige militärische Bereiche wie Pulvermagazine und Batteriewälle abgeschirmt.

Lieblingsplätze

Besonders spannend wird es, wenn es um die Lieblingsplätze verschiedener Festungsbewohner auf dem Plateau geht. So erfahren die Besucher beim Rundgang über das Festungsplateau, zum Beispiel…

  • … dass ein Wachsoldat namens Johann Christian Zobel im 18. Jahrhundert an seinem Posten an der Außenmauer gern nebenbei sein Strickzeug herausholte …
  • … dass es einen Tennisplatz und eine Kegelbahn auf dem Festungsplateau gab
  • … und dass ein Gefangener namens Peter Aloysius Marquis d’Agdollo in seinem Gärtchen beim späteren Exerzierplatz etwa 500 Nelken kultivierte
  • … und viele weitere …

Die Ausstellung ist vom 30. April bis 31. Oktober täglich von 10 bis 18 Uhr in der Magdalenenburg geöffnet.
Weitere Informationen auf der Website.