Ausstellung auf Tschechisch
Mit einem Festakt wurde am 1. Mai 2015 die neue Dauerausstellung „In lapide regis – Auf dem Stein des Königs“ auf der Festung Königstein eröffnet. Neben der üblichen Prominenz waren auch all die eingeladen, die an der Ausstellung tatkräftig mitgewirkt hatten.
Einer von ihnen ist Sven Dietrich, der dafür gesorgt hat, dass die Ausstellung auch für unsere tschechischen Nachbarn erlebbar wird. Die Dauerschau ist durchgängig in Englisch und Tschechisch übersetzt.
So hatte ich mich mit unserem Tschechisch-Übersetzer bei dem Festakt verabredet, da ich gern erfahren möchte, wie er die Entstehung der Ausstellung miterlebt hat. Im ganzen Eröffnungstrubel haben wir uns dann verloren. Zum Glück ist er heute noch mal auf der Festung um kleine Korrekturen in den Medienstationen der Ausstellung vorzunehmen. So kann ich ihm zwischendurch einige Fragen stellen.
Wer waren die beiden, die Sie auf der Eröffnungsveranstaltung begleitet haben?
Dietrich: Meine Kollegen Jan Strejček und Cyril Podolský, die beiden haben mich beim Korrekturlesen sehr unterstützt, deshalb habe ich sie natürlich mitgebracht.
Ich hatte nicht den Eindruck, dass beide Deutsch können. Wie haben sie denn dann bei den Übersetzungen helfen können?
Dietrich: Cyril spricht gar kein Deutsch. Er ist eigentlich Regisseur und Buchautor und in Tschechien für seine Kinderfilme mit den „Ratten“ (Krysáci) berühmt. Sie gehören zu den beliebtesten Beiträgen im Sandmännchen. Cyril hat die für die Ausstellung übersetzten Texte im Tschechischen stilistisch gegen gelesen. Da gab es auch mal Diskussionen darüber, wie man etwas formuliert, aber das gehört dazu. Honsa (Jan) spricht Deutsch, war aber vor allem für die Endkorrektur der tschechischen Texte verantwortlich, dass heißt Grammatik, Zeichensetzung usw. Zwischen diesen Korrekturschritten habe ich die Texte immer selbst noch mal überprüft, so dass sie bis zur Abgabe ungefähr sechs bis sieben Mal gelesen wurden.
Und dennoch prüfen Sie heute noch die Medienstationen durch?
Dietrich: Ja, da geht es nicht mehr um Rechtschreibfehler, sondern zum Beispiel um Zeilenumbrüche. Im Tschechischen gibt es Worte die aus nur einem Buchstaben bestehen, die nicht allein am Ende einer Zeile stehen dürfen. Im Deutschen kennt man das von einzelnen Zahlen, die nicht vor einem Umbruch stehen sollten. Das deutsche Programm auf den Medienstationen kann aber kein Tschechisch. So prüfe ich nun alle Texte darauf, ob zum Beispiel „v“ bzw. „a“ (in bzw. und) am Zeilenende auftauchen.
Auch geht es um Dinge wie Untertitel in Videosequenzen. Diese sollten ein- oder zweizeilig sein, das ist nicht immer gelungen, kann aber korrigiert werden. Cyril hatte sogar im Filmarchiv in Prag angefragt, ob alte Filme, wie zum Beispiel „Sachsens Glanz und Preußens Gloria“ nicht schon übersetzt vorliegen. Leider nicht, so mussten wir in den Medienstationen auf Untertitel ausweichen.
Seit wann arbeiten Sie an den vielen Übersetzungen für die Dauerausstellung?
Dietrich: Ungefähr seit August 2014. Da habe ich die ersten Texte für die Medienstationen bekommen. Danach kamen Raum- und Objekttexte. Auch alle Hörstationen, Filmuntertitel und das Leitsystem habe ich nach und nach übersetzt. Ja, und den Sprechtext im Einführungsfilm.
Haben Sie das alles alleine bewerkstelligt?
Dietrich: Im Prinzip schon. Bei Übersetzungen ist eine gewisse Stringenz notwendig. Ein Beispiel: Ich kann die deutschen Herrscher-Namen in der Tschechischen Übersetzung so anlegen, wie sie ein Tscheche sagen würde oder aber wie sie die Deutschen nennen. Beides ist möglich, aber es besteht ein Unterschied. Wichtig ist mir, dass es in der gesamten Ausstellung einheitlich ist. Deshalb habe ich keine Übersetzungsarbeiten an andere Dolmetscher weitergegeben. Bei Fachtermini habe ich allerdings tschechische Fachleute ins Boot geholt, etwa für Spezialgebiete wie Jagd, Bauliches, Waffen und Steinmetzhandwerk.
Der durchgängige rote Faden ist uns gelungen, allerdings gibt es zwei Stationen, die aus den Ausstellungen in der Magdalenenburg übernommen wurden. Diese müssen also diesbezüglich noch überarbeitet werden. Ebenso sieht es auf der Webseite aus, weshalb wir uns ja nochmal zusammen setzen wollten.
Das machen wir! Was war denn bei den Übersetzungsarbeiten die größte Herausforderung für Sie?
Dietrich: Ach,… eigentlich gab es nichts Besonderes. Ich mache sonst ganz andere Übersetzungen etwa für das Landesamt für Archeologie. Da war das hier auf der Festung ein angenehmer Spaziergang für mich. Die Arbeit hat mir sehr viel Spaß gemacht, weil es spannende Themen gab. Es war einfach mal etwas anderes als reine Fachtexte zu übersetzen. Die Texte waren schon im Deutschen sehr angenehm zu lesen für mich, also gut angelegt. Irgendwie bin ich mittlerweile ein bisschen festungssüchtig geworden. Es gab in den letzten Monaten kaum einen Tag, an dem ich nicht wenigstens eine E-Mail von der Festungsbesatzung im Postfach hatte.
Bei der Arbeit an der Webseite beleiben wir ja in Kontakt. Wie kommt es, dass Sie Tschechisch und Deutsch sprechen? Haben Sie das studiert?
Dietrich: Bis in mein siebentes Lebensjahr bin ich zweisprachig in Ost-Berlin aufgewachsen, mein Vater war aus Plauen und Mutti ist gebürtige Pragerin. Als ich sieben Jahre alt war, sind wir ins Böhmische nach Reichenberg (Liberec) umgezogen. Das ist die Basis.
Aber das alleine reicht natürlich bei weitem nicht. Man muss sich ewig weiterbilden. Und man lernt nie aus. Mit jedem neuen Auftrag lernt man immer etwas dazu. Und was ganz wichtig ist: man muss beim Übersetzen immer ganz ganz viel überlegen und – suchen. Suchen und wieder suchen. Und wenn man nicht weiter weiß, dann fragen. Das kostet natürlich viel Zeit, aber die muss man sich eben nehmen. Und den Satz auch drei, vier, fünf mal anders und neu formulieren. Insbesondere bei Texten, wie zum Beispiel die für den Königstein. Das gehört halt dazu.
Was ist Ihnen von der Eröffnungsveranstaltung in Erinnerung geblieben?
Dietrich: Vieles. Es waren unheimlich viele Leute da, auch viele Tschechen. Die Ausstellung wurde nach der Eröffnung regelrecht gestürmt.
Haben Sie Tom Pauls Erzählungen zur Festungsgeschichte verstanden?
Dietrich: Ich schon, aber meine Kollegen nicht so. Auch der Flüsterübersetzer, der für die tschechischen Gäste engagiert worden war, hat aufgegeben, den lustigen Vortrag in verschiedenen Dialekten und Akzenten, zu übersetzen. Das liegt allerdings nicht nur am Dialekt, wir Tschechen haben einen ganz anderen Humor. Das ist gegenseitig schwer zu übersetzen.
Ich danke für das Gespräch und freue mich auf die Zusammenarbeit zu den Website-Texten.
DIESE GESCHICHTEN KÖNNTEN SIE AUCH INTERESSIEREN:
Kleider machen Leute oder Strass, Patina und Schweißflecken
Paul Wells ist mit dem Kutschenzug Augusts des Starken eingetroffen
Werde Festungsbaumeister!
Das “Architektengespräch”
Nähkästchenplauderei mit der Gewandmeisterin
Ferrabosco: Visionär und Klischee-Italiener
„Making-off“ von Festungskommandant, Weinjunge & Co.